Die Reportage: Abhängig von Beruhigungstabletten
Beruhigungstabletten sollen Menschen„runterbringen“, ihnen bei Stress, Angst, Schlaflosigkeit helfen. Doch allzu oft ist die Ruhe schwer erkauft. Über eine Sucht, die sich schnell entwickeln kann – und für manche unüberwindbar bleibt
Timo Baumann führt durch Hamburgs Busbahnhof wie durch ein Freilichtmuseum, das seine Vergangenheit ausstellt. Während er von Erinnerung zu Erinnerung schlendert, streift sein Blick haltlos vorbei an Passantinnen und Passanten, die ihre Koffer über den Asphalt rollen. Mit zittrigen Fingern zündet er sich eine Zigarette an. Es ist ein kalter Februarmorgen, und Baumann hat eine kurze Nacht hinter sich. Erst um sieben Uhr morgens, sagt er, sei er eingeschlafen.
Am U-Bahn-Ausgang bleibt der 30-Jährige mit den dunklen Augen stehen. „Wenn ich Glück hatte, haben die Dealer hier schon gewartet“, erzählt er. Dann habe er von der Rolltreppe aus sehen können, wie sie ihre Köpfe über das Geländer beugten. „Dias!“ riefen sie, und dann ging der Deal schnell: eine Packung Diazepam, 50 Pillen für 50 Euro. Zwei- oder dreimal pro Woche sei er zu Spitzenzeiten ...