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KUNST & AUSSTELLUNG


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INKA Stadtmagazin - epaper ⋅ Ausgabe 186/2024 vom 01.10.2024

ZKM: Fellow Travellers.

Kunst als Werkzeug, die Welt zu verändern

Was den Menschen auszeichnet, ist seine Art zu kooperieren. So konnten über Jahrtausende Fertigkeiten, Fähigkeiten und Werkzeuge entwickelt, verfeinert und weitergegeben werden. Die Absicht des Ganzen: ein gutes Leben. Doch für wen, schließt das alle mit ein? Ist die Grenze schon bei Leuten, die ich nicht kenne? Das Selbstverständnis, dass alles mit allem verbunden ist, ganz physisch, da wir von Boden, Pflanzen und Tieren für alle Ressourcen abhängen, ist in großen Teilen der Welt abhandengekommen. Doch auch wenn die modernen Wirtschafts- und Machtstrukturen auf der Ausbeutung von Menschen und Natur aufbauen, teilen viele die Ideale gerechter Gesellschaften. Solche intellektuellen Weggefährten oder „Fellow Travellers“ gab und gibt es zu jeder Zeit. Wie diese vernetzen? Die neu eröffnete Ausstellung „Fellow Travellers“ setzt die Kraft der Kunst als soziale Praxis in den Mittelpunkt, als Werkzeug, in Austausch zu kommen, Mut zu machen, Ideen zu spinnen – zu kooperieren. Die gezeigten künstlerischen Positionen von Zheng Guogu, CATPC, Paulo Tavares oder Matters Of Evidence sind eng an ihren Entstehungsort, die Menschen vor Ort und die realen Lebensbedingungen verknüpft und zeigen auf, wie „nützliche Kunst“ die Welt verändern kann. Diese globalen Perspektiven werden mit dem „Useum“, dem Herzstück der Ausstellungslandschaft, konkret mit Karlsruhe verbunden: der Open Space bietet individuellen und kollektiven Initiativen der Region einen Ort für gemeinsames Handeln. Mit der Ausstellung wird erstmals der Kunstbegriff von Alistair Hudson sichtbar, der damit auch die Aufgabe eines Museums neu greift.

-sb · bis 8.6.25, ZKM-Lichthof 8 9, 1. OG

Ettlingen: Werkschau „Karin Kieltsch. Blicke. Bilder.“

Als ich Ende der 90er frisch nach Karlsruhe zurückkomme, zählen Karin Kieltsch und ihre Freundinnen und Kolleginnen Margit Abele und Agnes Märkel zu meinen ersten „Kunstkontakten“. Ab Mitte der 90er Jahre widmete sich Kieltsch einem völlig unerschlossenen Terrain, der Fotografie von Industriebauten, mit Detailaufnahmen, die wie Ikonen wirkten und ein Eigenleben bekamen: Sie erforschte Raffinerien oder Architektur fotografisch, später auch Landschaften, und lässt diese realen Eindrücke bis heute als Stilprinzip in ihre Atelierarbeit einfließen. Mit der Serie „Ortungen“ leitet Kieltsch 2010 ihre Rückkehr zur Malerei als Auseinandersetzung mit dem fotografischen Selbstporträt ein, ohne dabei die Fotografie selbst aufzugeben: „Aufnahmen des kanonischen Motivs ‚Selbstporträt mit Spiegel‘ werden teilweise übermalt, ausgespart, ein weiteres Mal fotografiert und immer wieder übermalt, bis sich komplexe Szenerien und Überlagerungen ergeben. Die geometrische Reduktion der Fotografie und der räumliche Illusionismus der Malerei gehen neue bildhafte und konstruktive Zusammenhänge ganz eigener Art ein, die das spezifische Medium im jeweils anderen hervorblitzen lassen.“ Jetzt also gibt’s mit über 100 Arbeiten eine große Werkschau für das vielseitige Oeuvre der Fotografin und Malerin, die von 1981 bis ’86 bei Prof. Gerd van Dülmen an der Karlsruher Kunstakademie studierte. Die ausgestellten Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Fotografie und Mischtechniken zeigen einen repräsentativen Querschnitt aus unterschiedlichen Werkgruppen seit den 90er Jahren bis heute. Eine Ausstellungsrezension und mehr über das interessante Rahmenprogramm folgt, das Motiv der Einladungskarte von Kieltsch (Abb. rechts „Spitze I“, 2017, Ausschnitt) zur Ausstellung ziert das Oktober-Cover unseres INKA Regiomagazins. Es erscheint ein Katalog mit Texten von u.a.

Daniela Maier und Michael Hübl.

-rw Vernissage: Fr, 18.10., 19 Uhr, Einführung Michael Hübl mit Pianobegleitung von Anna Zassimova, Ausstellung bis 26.1.25, Mi-So 11-18 Uhr, Museum Schloss Ettlingen

Kunstakademie Karlsruhe: Rundgang

Kurzfristig musste die traditionelle Sommerausstellung der Kunstakademie dieses Jahr verschoben werden – eine punktuelle Asbestkontamination führte zu einer Sperrung des Vordergebäudes, an Ausstellungsaufbau war nicht mehr zu denken. Zum Semesteranfang im Herbst heißt es nun „Rundgang“ durch die offenen Ateliers, ansonsten bleibt das Programm gleich. In der viertägigen Ausstellung präsentieren sich die Studenten mit aktuellen Werken und Aktionen, von Erstsemestern bis Meisterschüler. Am Eröffnungsabend werden Abschlusszeugnisse und zahlreiche Preise vergeben, es gibt Rundgänge durch die Reinhold-Frank-Str. 81/83 sowie den Bildhauergarten. Um in die entfernteren Ateliers zu locken, präsentieren die Klassen der Außenstelle Schloss Scheibenhardt einen Teaser ihrer Werke im Lichthof. Für Kids ist der Schülervormittag die ideale Gelegenheit, nach einer kurzen Einführung eigenständig in die Gebäude auszuschwärmen (Fr, 18.10., 9-13 Uhr, mit Anm.). Führungen in den Gebäuden in der Innenstadt gibt’s Sa So, 12 16 Uhr, in Scheibenhardt jeweils um 15 Uhr. Das vom Lehramtsstudiengang „Intermediales Gestalten“ alljährlich veranstaltete Performancefestival findet dieses Jahr erstmals im Rahmen des Rundgangs statt. Am Fr, 18.10., wird ab 12 Uhr unter dem Titel „Collective Memory“ das Vordergebäude der Reinhold-Frank-Str. 81 be- und umspielt.

-sb Vernissage: Mi, 16.10., 19 Uhr, Lichthof Reinhold-Frank-Str. 81; bis 20.10., Do-Sa 10-22 Uhr, So 10-18 Uhr, Kunstakademie @ Reinhold-Frank-Str. 81/83, Bildhauergarten Bismarckstr. 67, Schloss Scheibenhardt

Jochen Schambeck – „Round Thing“

Schon verrückt, was das sympathisch-wortkarge geborene Nordlicht an Farbe aus seinem Innersten herausfließen lässt. Bei uns hängen sie auch überall rum und machen Laune! Der Maler Jochen Schambeck präsentiert in den (neuen) Räumen seiner Galerie seine einnehmenden farbsaftigen Werke zwischen Malerei und Objektkunst in vielen Formaten: Gezeigt werden im Rheinhafen verschiedene Serien aus jüngster Zeit. Runde Bilder, neue frische Arbeiten auf Papier, Arbeiten aus einem zersägten und eine Sonderedition mit 36 Arbeiten aus einem zerrissenen Ölbild, dazu gibt’s Drinks und sicherlich auch Häppchen. Eine runde Sache eben.

-rw · Sa, 28.9., 16-19 Uhr, bis 19.10., Fr 12-15 Uhr, Sa 12-16 Uhr, Gallery Artpark, Hansastr. 21, Rheinhafen

ZKM: Black Flags, Memes & Eicher

Die schwarzen Fahnen im Wind, ob an Roboter, Holzstab oder Pol, sind noch bis zum 6.10. zu sehen.

Im letzten Gespräch zur Ausstellung „Black Flags“ spricht André Butz, Prof. am Institut für Umweltphysik in Heidelberg, über die Bedeutung der Polkappen für den Klimawandel (Mi, 2.10., 18 Uhr). Wer in jüngster Zeit über etwas merkwürdige neue ZKM-Namen gestolpert ist, hat ganz richtig gelesen: „Zentrum für Kritik und Memes“, „für Kreativität und Mumpitz“ oder „für Kulturkürzungen und Mehrarbeit“ stand an Fassade und im Netz. Die Intervention blieb länger unkommentiert, was zu allerlei Spekulationen führte. Ein Hack? Künstler Cem A. kratzt damit an der Identität der Kulturinstitution und schleust niederschwellig ernste Themen ein, wie prekäre Arbeit oder Elitarismus. Seine Installation im Foyer bringt die im Internet wohlbekannten „Memes“ in den physischen Raum (bis 10.10.). In Dialog mit der Gamingplattform „Gameplay“ (Lichthof 1 2, OG) sind die großformatigen „Medientapisserien“ von Margret Eicher zu sehen (bis 10.11., Abb: Ausschnitt „Herores 2“, Galerie Michael Jassen Berlin, VG Bild-Kunst Bonn), ein Stockwerk drunter reflektieren die Industrieroboter in blauer Schrift weiterhin ihr eigenes Denken und die Frequenzen des ZKM-Archivs lauschen und leuchten in die Zukunft: „(A)I Tell You, You Tell Me“ und „Antennae“ (beide bis 24.11.).

-sb · Black Flags: bis 6.10., Zentrum für Kritik und Memes: bis 10.10., Margret Eicher: bis 10.11., (A)I Tell You, You Tell Me &Antennae: bis 24.11., ZKM

Schauraum B9: Libuše Schmidt & Anja Theml

Archäologie-Pop und Hirnscheibe mit Schuss suchen muss der Betrachter hier nicht, um Überraschendes zu finden: Die Künstlerinnen Libuše Schmidt (Abb. rechts) und Anja Theml (Abb. links) konfrontieren uns in ihrer gemeinsam konzipierten Ausstellung mit den täglichen Absurditäten des menschlichen Daseins. Zum Glück mit viel Humor! So zeigen die Künstlerinnen tiefgründige, ironische, zarte und drastische Collagen und Objektmontagen zu den großen Themen unserer Zeit: Glück und Verzagen, Körper, Macht und Eiskunstlauf, Religion und Raumfahrt, Hirnschmalz und Sucht. Große und kleine Gefühle – kopflos, aber wahr. In einer analogen Spielecke können sich die Besucher am Sonntag anhand von Fragmenten ausgestorbener Spielkultur eigenem planlosem Nonsens hingeben, um sich ihr eigenes Süppchen zu kochen.

-rw · Vernissage: Fr, 25.10., 18 Uhr; Sa, 26.10., 14-18 Uhr; So, 27.10., 11-15 Uhr mit Aktion Spielecke, die Künstlerinnen sind anwesend, Schauraum B9, Beiertheimer Allee 9

Bühl: Hannah Schemel – „Landschaft als Konzept“

In ihrer Arbeit widmet sich die aus Bühl stammende Künstlerin Hannah Schemel der Erforschung des Begriffs der Landschaft. Sie begreift Landschaft als etwas, das sich nicht in der Realität manifestiert, sondern in den Köpfen der Betrachter, geprägt und beeinflusst u.a. durch Erfahrungen, Bildung, Träume. Um die dahinterliegenden Prozesse besser zu verstehen, unternahm die Künstlerin über einen Zeitraum von sieben Jahren regelmäßige Reisen an die gleichen Orte, den nördlichen Schwarzwald und Quiberon in der Bretagne. Die gezeigten Werke sind Unikate, entstanden im analogen Großformat und umgesetzt mit einer Platin-Palladium-Technik auf handgeschöpftem Büttenpapier. Derzeit arbeitet Schemel in Mailand sowie im Enzklösterle, dem idyllischen Heidelbeerdorf mitten im Schwarzwald nahe Altensteig, wo sich auch ihr Atelier befindet.

-rw · Vernissage: Fr, 25.10., 19 Uhr, Einführung durch Kunsthistorikerin Marion Hoffmann, bis 24.11., Mi-Fr 16-19 Uhr, Sa/So/Fei 11-17 Uhr, Friedrichsbau Bühl

Kunstraum Neureut: Kae Oktorina. Farbklangschichten

Die Einzelausstellung „Kae Oktorina. Farbklangschichten“ präsentiert Werke der indonesischen Kunstvermittlerin und Medienkünstlerin Kae im Kunstraum Neureut. Kaes interaktive Installationen verbinden Bewegung, Farbschichten, Algorithmen und Klavierklänge zu einem einzigartigen Erlebnis. Besucher jeden Alters sind eingeladen, zu spielen, zu musizieren und zu experimentieren. „Farbklangschichten“ ist Kaes erste europäische Einzelausstellung. Kartika Oktorina, bekannt unter ihrem Künstlernamen Kae, wurde 1983 in Bandung, Indonesien, geboren, studierte in Maastricht, sie lebt und arbeitet heute in Jakarta. Ihre Arbeiten kombinieren selbstprogrammierte Software und modifizierte Hardware zu beeindruckenden, raumgreifenden Kompositionen. Die farbenfrohen und spielerischen Projektionen von Kae laden dazu ein, die digitalen Oberflächen, die uns täglich umgeben, kritisch zu hinterfragen. Kae betont die unermüdliche menschliche Kreativität und Freude an Farben und Klängen, die uns trotz der zunehmenden Präsenz algorithmisch generierter Bildwelten immer wieder antreibt, selbst schöpferisch zu werden. Ausstellungshöhepunkte sind interaktive Installationen zum Mitmachen und Experimentieren, Workshops zur aktiven Auseinandersetzung mit digitaler Technik oder interaktive Klavierkonzerte, bei denen aus Tönen Farbklänge entstehen; außerdem gibt es ein virtuelles Treffen von Medienkünstlern und Kuratoren aus Karlsruhe und Jakarta. 

-rw Vernissage: So, 6.10., 14 Uhr, mit Kurt Eisfeld (Piano) &Einführung von Barbara Kiolbassa; Finissage: So, 3.11., Kunstraum Neureut

BBK: Freiräume & Match

Freiräume bedeuten Freiheit von Normen und Erwartungen. Sie lassen Platz für spontane Eingebungen und unerwartete Wendungen, die manchmal die Essenz eines Werks ausmachen. So auch bei Gabriele Goerke und Sandro Vadim. Die Werke geben keine Blickrichtung und keine gewünschte Sicht vor. Auch implizieren sie keine feste Botschaft oder inhaltliche Aussage. Und obwohl die Landschaften von Goerke und die abstrakten Farbkompositionen von Vadim auf den ersten Blick grundverschieden anmuten, so beziehen sie sich dennoch aufeinander, stellen Fortsetzungen dar und korrespondieren miteinander. Ähnlich geht es auch in der kommenden Doppelausstellung zu: Zwei Positionen, zwei Ansätze und doch ein „Match“.

Was zunächst nach einem Gegensatz klingt, entpuppt sich als faszinierender Dialog zwischen zwei künstlerischen Positionen, die auf ihre ganz eigene Art miteinander kommunizieren. Der Titel spielt mit der Idee des Aufeinandertreffens, der Übereinstimmung, aber auch der Reibung. Denn wo zwei Kräfte aufeinandertreffen, entsteht nicht nur Harmonie, sondern auch Spannung. Und genau diese Wechselwirkung macht bei Elke Hennen (Foto oben) und Renate Koch (Foto unten) den Reiz aus: In der Gegenüberstellung ihrer installativen Skulpturen geht es um Bewegung und Ruhe, Kontrast und Gleichklang, Übereinstimmung und Differenz. Wer bereit ist, sich diesem Spiel aus Form, Material und Raum zu nähern, wird feststellen, dass das „Match“ lebendig und spannend bleibt – eine visuelle und konzeptuelle Begegnung, die bewegt. Ein dynamischer Bildraum, der zum Entdecken und Erleben einlädt.

-sab · Gabriele Goerke &Sandro Vadim – „Freiräume“: bis 6.10.; Vernissage Elke Hennen &Renate Koch – „Match“: Fr, 18.10., 19 Uhr, bis 10.11., BBK-Künstlerhaus

Yvonne Hohner Contemporary: Mona Hakimi-Schüler

„Angels Come In As Demons Leave“. Die berühmte Zeile aus Hafez’ Ghasale Nummer 232 wurde 1979 in einem populären Lied der iranischen Revolution verwendet, um den Machtwechsel zu symbolisieren. 1977 in Teheran geboren, verwebt die in Berlin lebende Künstlerin Mona Hakimi-Schüler ihre eigenen biografischen Erfahrungen mit persischer Literatur und der Geschichte des Irans aus feministischer Perspektive. In Zeichnung, Collage, Installation und Relief führt sie in der ersten Einzelausstellung in der Karlsruher Galerie mit „Engeln“ und „Dämonen“ zu ihren Kindheitserinnerungen, den Ursprüngen ihrer Themen von Trauma, Nostalgie, Sehnsucht und der Suche nach einem geborgenen Ort. Dies webt eine Brücke zum Jetzt und Hakimi-Schülers Auseinandersetzung mit ihrer „fragmentarischen Identität“ als Iranerin in Deutschland. Parallel läuft in der Städtischen Galerie Fruchthalle in Rastatt die große retrospektive Ausstellung der Künstlerin „Talking About The Revolution“ (bis 10.11.). Das dortige Kuratorenteam entdeckte Hakimi-Schüler vor zwei Jahren in Yvonne Hohners Galerie bei einer Duoausstellung; beide Ausstellungen sind in Koop miteinander entstanden und enden gemeinsam.

-sb · bis 10.11., Yvonne Hohner Contemporary

Heidelberg: Quiltkunst im Textilmuseum Max Berk

Die gemeinnützige Organisation Studio Art Quilt Associates (SAQA) setzt sich seit jeher dafür ein, den Artquilt als anerkanntes Medium der Bildenden Kunst zu etablieren. In den vergangenen 30 Jahren hat sich SAQA zu einer dynamischen und aktiven Gemeinschaft von über 4.000 Künstlerinnen, Kuratoren, Sammlerinnen und Kunstfachleuten weltweit entwickelt. Eigens für die Textilsammlung Max Berk und weitere Ausstellungsorte wurde der Wettbewerb „Abstraction: Textural Elements“ ausgeschrieben. Die Museumskuratorin Kristine Scherer war Teil der ausschließlich europäischen Jury, die aus 493 Einsendungen eine repräsentative Auswahl zu treffen hatte: 47 Quilts wurden ausgewählt, neun von ihnen aus Europa, darunter Deutschland, England, Frankreich, Italien, Litauen und die Schweiz. Zu erleben ist hochpoetische, abstrakte, aber gleichwohl sehr sinnliche Quiltkunst. Und die umfangreiche Schau „Abstraktion. Gestaltungselemente moderner Quilts“ lässt einmal mehr staunen, bei vielen Arbeiten würde man nicht annähernd auf den Gedanken kommen, dies seien Quilts, sondern denkt eher an raffinierte Fotografien oder Malerei. Die Ausstellung entfaltet ihre Wirkung auch zu Hause: Es ist ein englischsprachiger Katalog erhältlich (25 Euro).

-rw bis 5.1.25, Textilsammlung Max Berk, Mi/Sa/So 13-18 Uhr, Heidelberg

Schauwerk Sindelfingen: Schaufler Lab / Neon, LED & Co.

Kunst trifft Wissenschaft! Hier die kreative Freiheit, dort die nüchterne Analyse – könnte man fälschlicherweise meinen. Was der Dialog zwischen zwei Denk- und Ausdrucksformen so alles bewirken kann und welche neuen Perspektiven sich dabei eröffnen, zeigt das Schaufler Lab der TU Dresden. Dort forschen junge Wissenschaftler und Künstler gemeinsam zu aktuellen Technologien, deren Ursprüngen und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die moderne Lebenswelt. Zu sehen sind Arbeiten von vier Künstlern, die im Rahmen eines Residenzprogramms entstanden sind: Christian Kosmas Mayer beschäftigt sich mithilfe von Sprachsynthese mit Vorstellungen von Unsterblichkeit. Anton Ginzburg legt seinen Fokus auf kunsthistorische und kulturelle Bezüge in Form von Wandgemälde und großformatigen Skulpturen, während die interdisziplinäre Komponistin und audiovisuelle Künstlerin Esmeralda Conde Ruiz die Stimme als Material verwendet und diese mit Alltagsgeräuschen kombiniert. Rosa Barbas filmische Arbeiten hingegen oszillieren zwischen experimenteller Dokumentation und fiktionalen Erzählstrukturen. Zeitgleich zeigt die Ausstellung „Neon, LED & Co.“ (Foto: Frank Kleinbach) die ungemeine Vielfalt von Lichtkunst aus der Sammlung Schaufler – von den 60er Jahren bis heute. Werke wie Brigitte Kowanz’ „Light Steps“, eine Installation aus Leuchtstofflampen, wirken minimalistisch, während andere Arbeiten spielerisch oder provokant sind. Schwerpunkte der Ausstellung liegen auf der Materialität und technischen Vielfalt sowie der Erhaltung von Lichtkunst im Kontext neuer EU-Vorschriften. -

sab Schaufler Lab @ Schauwerk: bis 27.4.25; Neon, LED & Co.: bis 10.8.25, Schauwerk Sindelfingen

Galerie Demmer: Sommerausstellung @Segafredo

Es sind die stilleren Werke, etwas abseits der prominenten Flächen gehängt, die mich in ihren Bann ziehen. Eine nächtliche Straßenszene in zarten Blautönen, mit traumhaften Wesen samt Papierhut oder Papagei auf dem Kopf; auf den zweiten Blick fallen die amputierten Beine auf, ein Eisernes Kreuz hier und eine Uniform da, es spricht vom Krieg. Und hängt da nicht auch ein Kirchenkreuz am „deutschen“ Eichenzweig? Die Gesellschaftskritik in „Hurra, uns gibt es noch…“ (1949) des Malers Hans Conrath Hauseisen wirkt erst subtil, dann unausweichlich. Der verstoßene Sohn des berühmten Albert Haueisen ging 1946 freiwillig in die DDR und wurde dort wichtiger Vertreter des Kulturlebens, auch als Filmarchitekt, Bühnenbilder und Redakteur. Die Sommerausstellung des Galeristen Axel Demmer im Café Segafredo ist vielstimmig, bunt und bis in den Herbst zu sehen. Das stille Mädchen, wie ich es selbst nenne, hängt am Durchgang zur Toilette. Trotz der kräftigen Farbflächen und dem großen weißen Mond schaut es einsam aus der Welt heraus. Die Künstlerin ist Ida Kerkovius, Bauhausschülerin und wichtige weibliche Vertreterin der Klassischen Moderne. In der Galerie gibt’s eine neue Ausstellung mit Aquarellen von Emil Wachter.

-sb · bis 31.10., Café Segafredo (Ecke Erbprinzen-/Bürgerstr.) &Galerie Demmer, Herrenstr. 50

50 Jahre Kunstpreis der Sparkassen-Kulturstiftung

Vor 50 Jahren wurde er erstmals vergeben – 2025 feiert der renommierte Kunstpreis ein Jubiläum.

Für die „Kunstpreis“-Jury ein Anlass, den Blick zurück und nach vorn zum Thema zu erheben: Das Thema der Ausschreibung lautet daher „Perspektive – Retrospektive. 50 Jahre Kunstpreis der Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe“. Der Interpretation des Themas sind keine Grenzen gesetzt, die „Perspektive – Retrospektive“ kann sich auf alle Bereiche des Lebens beziehen. Zugelassen sind Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Mischtechnik, Vernissage ist am 14.3.25. Alles zur aktuellen Ausschreibung: kunstpreis. sparkassenstiftungen-ka.de oder www.sparkassenstiftungen-ka.de.

-rw

Städtische Galerie Karlsruhe

„Meine Augen sind zwei Tauben“ – unter diesem Titel zeigt Leonie Mühlen Werke, die sich mit Themen wie Vertreibung, Nahrung, Behausung, Gemeinschaft und Erinnerung befassen. Die Künstlerin erforscht in ihren Recherchen die Schnittstellen zwischen urbanen und natürlichen Räumen. Aus ihren kontinuierlichen und tiefgehenden Beobachtungen, gesammelten Geschichten und performativen Eingriffen entstehen so installative Arbeiten (Abb.: Taubenaugen, 2024, Foto: Lisa Bergmann). Vera Gärtners Kunst beschäftigt sich mit queeren und intersektional-feminis-tischen Themen. Ihr Fokus liegt auf alldem, was oft übersehen wird – vor allem in Bezug auf versteckte und urbane Rückzugsorte. Mittels künstlerischer Forschung befragt sie in ihren Arbeiten nicht nur gesellschaftspolitische Inhalte, sondern versucht daran anknüpfend, auch Formen für die Sichtbarmachung des Verborgenen und Isolierten zu finden. 2022 wurden Gärtner und Mühlen mit dem Kulturstipendium der Stadt Karlsruhe ausgezeichnet, das es ihnen ermöglicht hat, ihre Werke in der Städtischen Galerie zu präsentieren. Auch in der Ausstellung „Vintages“ zu Elliott Erwitt geht es tierisch zu. Allerdings liegt der Fokus hier nicht auf Tauben, sondern auf dem besten Freund des Menschen. Neben seinen Porträts von Prominenten wie John F. Kennedy, Marilyn Monroe und Che Guevara schuf Erwitt nämlich auch humorvolle Bilder von Hunden. Die Städtische Galerie stellt nun fünf Kapitel seines Werkes aus – darunter selten gezeigte Fotografien, die er in den 50er Jahren während seines Militärdienstes in Karlsruhe aufgenommen hat. Fotoliebhaber kommen auch in „Gute Aussichten. Fokus Mexiko Deutschland“ auf ihre Kosten: Fünf mexikanische und fünf deutsche Künstler präsentieren Fotografien im interkulturellen Dialog. Entstanden aus einem intensiven Austausch in Mexiko-Stadt reflektieren die Werke Themen wie Rituale, Heimat und Fremde oder Nachhaltigkeit und treten mit der Sammlung der Städtischen Galerie in einen Dialog.

-sab · Vera Gärtner – „Stadt als Palipsest“ &Leonie Mühlen – „Meine Augen sind zwei Tauben – Est-ce que to me vois?“: bis 17.11.; Elliott Erwitt – „Vintages“: bis 26.1.25; Gute Aussichten. Fokus Mexiko-Deutschland: bis 3.11., Städtische Galerie Karlsruhe

Badischer Kunstverein: Valie Export. Woman In The Year 2000

„Wenn ich etwas erklären möchte, dann möchte ich das auch darstellen. Wenn ich selbst das Material sein kann, dann werde ich es auch sein“ – ein Zitat von Valie Export, das die Kunst der österreichischen Performancekünstlerin und Pionierin der feministischen Kunst wunderbar beschreibt. Ihren Körper nutzte sie als radikales Werkzeug, um gesellschaftliche Normen und patriarchale Strukturen zu hinterfragen. Die Ausstellung im Badischen Kunstverein legt den Fokus auf das Valie Export Archiv aus feministischer Perspektive und gibt vielfältige Einblicke in das künstlerische Schaffen, vor allem aber auch in verschiedene Filmprojekte der Künstlerin. Ein zentrales Konzept in Exports Werk ist das „mediale Anagramm“: Sie montiert und collagiert Inhalte und nutzt dabei verschiedene Medien wie Foto, Film und Projektionen, um neue Kontexte zu schaffen. Dieses Prinzip greift die Ausstellung auf, indem subjektive Interessen, Zufälle und Lücken bewusst einbezogen werden. Auch in der Werkschau zu Tris Vonna-Michell im Obergeschoss geht es um die verschiedenen Möglichkeiten einer Befragung künstlerischer Archive, die einen experimentellen Umgang anstoßen. Vonna-Michell arbeitet multimedial mit Performance, Sound Poetry, Fotografie und Film und verknüpft hierbei analoge mit digitalen Techniken. Zum ersten Mal werden seine Werke den fotografischen und verlegerischen Projekten seines Vaters Ed Vonna-Michel gegenübergestellt. Hierdurch verbindet die Schau nicht nur Vergangenheit und Gegenwart, sondern untersucht auch die Zerstörung und Erneuerung von Archivmaterial und hinterfragt traditionelle Narrative.

-sab · bis 1.12., Badischer Kunstverein

Chrom VI: Gunter Wessmann zeigt Corinna Claassen – „Schicht“

Der Künstler Gunter Wessmann, vielen sicher als Farbenspezialist im Kunstmarkt Boesner bekannt, hatte früher eine kleine Produzentengalerie in der Kaiserpassage. Nun hat er das Atelier des verstorbenen Uwe Lindau übernommen und zeigt dort sicherlich sehr in dessen Sinne weiter zeitgenössische Kunst. Im Mai war Eröffnung, nun präsentiert er Objekte mit Szenen und Psychogrammen aus Fundstücken, die gerne emotionale Fallen stellen, sowie minimalistische Paper Cuttings von Corinna Claassen.

-rw · Vernissage: Sa, 5.10., 16-20 Uhr; So, 6.10., 15-18 Uhr; Sa So, 12. 13.10., 15-18 Uhr, Chrom VI, Roonstr. 22 (Hinterhaus Seitenflügel)

Zettzwo Produzentengalerie: Fifty One Ponies

Ponies sind Herdentiere, jedenfalls mehr als ihre großen edlen Verwandten. Folgerichtig dürften sich die 51 Protagonisten der neuen Ausstellung recht wohlfühlen in der Zettzwo Produzentengalerie. Aber nicht nur deshalb. Ein genügsamer Arbeiter war es, das Pony, das in kargen Gegenden gehalten wurde, ohne viel zu beanspruchen. In Bergwerken schufteten sie oder auf kleinen Höfen. Zwar mussten die edleren Verwandten auch hart arbeiten – in Kriegen, bei Jagden, im Sport und auf dem Feld, fanden aber immerhin Wertschätzung in der Kunst. Das kleine Pony jedoch war dafür eben nicht groß und bedeutend genug. Zeit wird’s also, dass Vera Holzwarth und Alexander Holzmüller ihnen die wohlverdiente überfällige künstlerische Anerkennung verschaffen. Und das gleich 51 Mal, denn es ist die 51. Ausstellung der (nach wie vor) sehr regen Produzentengalerie.

-rw · Vernissage: Fr, 11.10., 19 Uhr, bis 2.11., Sa 10-14 Uhr, Zettzwo Produzentengalerie

Gedok & BBK Württemberg: GROSS Denken

20 Künstlerinnen der Gedok und vier Künstlerinnen des BBK/W aus Stuttgart bestreiten diese Gruppenausstellung zum Thema „GROSS Denken“. Schriebe man zwar anders, aber steht da so. Das charmante Gemäuer bespielen u.a. Ingrid Brütsch, Babsi Daum, Anina Gröger, Elsa Hagelskamp, Elke Hennen (Foto), Jutta Hieret, Iris Kamlah, Meggi Rochell und Rosemarie Vollmer mit Malerei, Zeichnung, Skulpturen, Fotografien und Installationen.

-rw · Vernissage: Do, 24.10., 19 Uhr; Finissage: So, 17.11., 16 Uhr, Einführung: Prof. Dr. Chris Gerbing , Musik: Leonie Klopstock (Cello), Fr 16-19 Uhr, Sa So 14-18 Uhr, Orgelfabrik

Bietigheim-Bissingen: 100 Jahre Bruno Diemer

Kurz bevor die Ausstellung des „Dada-Urenkels“ Timm Ulrichs am 6.10. ausläuft, wird mit „Bruno Diemer zum 100. Geburtstag“ die nächste große Studioausstellung eröffnet. Der gebürtige Brackenheimer, in Bönnigheim aufgewachsen und verwurzelt, ist einer der bedeutendsten Nachkriegskünstler der Region – obgleich Diemer viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde. Mit nur 37 Jahren stirbt er bei einem Autounfall in den Vogesen. Sein kurzes intensives Leben führt ihn vom Keller des Elternhauses in Bönnigheim, wo er sich nach zwei Jahren Luftwaffe ab 1944 als Deserteur versteckte, an die Akademie der Künste in Stuttgart und in die Stadt, die ihn neben seinem Heimatort am meisten prägte: Paris. Im Zentrum der Avantgarde lebt er ab ’52 und entwickelt seinen charakteristischen gegenständlichen Malstil. Seinen Stillleben wohnt etwas Bühnenhaftes inne, vielleicht kommt ihm da seine Erfahrung als Tänzer in Nachtlokalen zugute oder die Ehe mit der Tänzerin Martina Kaessler. Seine menschlichen Figuren haben Tiefe, tragen Tragik und Komik zeitgleich in sich, sprechen vom Tod im Leben. Knapp 40 Gemälde aus der Sammlung werden gezeigt, die 2023 durch eine große Nachlassschenkung erweitert wurde. Ende des Monats rückt die regionale Kunstszene weiter in den Fokus: „Schwäbische Impressionistinnen“ zeigt von 1895 bis 1925 entstandene Werke von 15 Künstlerinnen aus Württemberg, die „Nicht Ausdruck, sondern Eindruck malen“. Mehr dazu in der November-Ausgabe.

-sb · Vernissage Diemer: Mi, 2.10., 20 Uhr, bis 12.1.; Vernissage Impressionistinnen: Fr, 25.10., 19 Uhr, bis 9.3., Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen

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